Ausblick 2023

Handel in Kärnten: Wie geht es weiter?

Die Sparte Handel der Wirtschaftskammer Kärnten präsentierte den Jahresrückblick 2022 und eine Vorausschau für 2023. Energiekosten, Inflationsrate und Arbeitskräftemangel schwäch(t)en die Umsatzentwicklung. Drei Viertel der Betriebe schreiben schwarze Zahlen.

Handel in Kärnten: Wie geht es weiter? Wolfgang Ziniel, KMU Forschung Austria, Raimund Haberl, Obmann der Sparte Handel der Wirtschaftkammer Kärnten und Nikolaus Gstättner, Geschäftsführer der Sparte Handel (von links)

© WKK/Dietmar Wajand

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Der Kärntner Einzelhandel ist für die Wirtschaft von zentraler Bedeutung, rund 5.000 Unternehmen mit insgesamt 35.797 unselbstständigen Beschäftigten sind in der Handelsbranche (Einzelhandel, Großhandel, Kfz-Handel) beschäftigt. Gemeinsam erzielen sie einen Jahresumsatz von mehr als 16 Milliarden Euro, so das Ergebnis der letzten Strukturerhebung der KMU Forschung Nach den Corona-Jahren 2020 und 2021 dominiert eine Teuerungskrise bis zum heutigen Tag, auch der eklatante Arbeitskräftemangel macht der Branche schwer zu schaffen.

Handel im Schatten der Corona-Krise

2015 bis 2019 hat sich der Handel in Österreich dynamisch entwickelt und wesentlich zum Wachstum der österreichischen Wirtschaft beigetragen. Mit Beginn der Corona-Pandemie fand dieser positive Trend ein abruptes Ende. In den letzten zwölf Monaten schloss der Handel das dritte Jahr in Folge im Schatten der Coronakrise ab. Explodierende Energiekosten, die höchste Inflation seit 1952 und das Thema Arbeitskräftemangel hält die Branche in Atem. Rückblickend auf das zurückliegende Jahr zieht Raimund Haberl, Obmann der Sparte Handel der Wirtschaftskammer Kärnten, eine gemischte Bilanz. Mit großen Sorgenfalten blickt er auf das Jahr 2023. „Dieses wird sehr herausfordernd, es bleibt vor allem abzuwarten, wie sich die anhaltende Teuerung auf das Konsumverhalten der Menschen auswirken wird.“ Betriebe, in denen ein Umdenken stattgefunden hat, werden sich leichter tun weiterhin zu bestehen, als jene, die sich vor Neuerungen verschließen. Haberl befürchtet eine Schließungswelle. „Ein Viertel der Unternehmen hat im Vorjahr keine Gewinne erzielt. Das Insolvenzgeschehen hat im vierten Quartal Fahrt aufgenommen, der Handel wird davon nicht verschont bleiben.“

Womöglich braucht es Energiekostenzuschuss 3

Groß war die Erleichterung unter dem stationären Handel als die Ausweitung des Energiekostenzuschusses in Form des Energiekostenzuschuss 2 fixiert wurde. Für Nikolaus Gstättner, Geschäftsführer der Sparte Handel, ist dieser essentiell zum Überleben. „Der Energiekostenzuschuss 1 war für den Handel verfehlt, dieser kam zu spät und viele Sparten konnten diesen, da sie nicht als energieintensiv eingestuft waren, nur bedingt in Anspruch nehmen.“ Haberl ergänzt: „Sollte der Energiekostenzuschuss 2 an seine Grenzen kommen, muss über einen Energiekostenzuschuss 3 nachgedacht werden. Wir sind der größte Inkassant für den Staat, beschäftigen die nahezu die meisten Mitarbeiter und sind der zweitgrößte Lehrlingsausbildner.

Die Strukturerhebung der KMU Forschung im Detail

Der Kärntner Einzelhandel (ohne Handel mit Kfz und Tankstellen) setzte von Jänner bis November 2022 nach vorläufigen Auswertungen der KMU Forschung nominell mehr um als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. „Aber die nominellen Werte weichen aufgrund der Teuerung von den reellen Werten ab“, so Wolfgang Ziniel von der KMU Forschung Austria. Das abgelaufene Weihnachtsgeschäft war sehr solide, die Unternehmer konnten ihr Potential voll ausschöpfen. Was die Preisentwicklung betraf, so ist diese im Jänner 2022 um vier Prozent, im November bereits 9,9 Prozent gestiegen. Hinsichtlich der betriebswirtschaftlichen Situation der Unternehmen im stationären Handel: drei Viertel der Betriebe schreiben schwarze Zahlen und vier Fünftel von ihnen verfügen über ein positives Eigenkapital. Ziniel: „Anhand einer Szenario-Analyse von 10.000 Bilanzen aus den Geschäftsjahren 2020 und 2021 wird sich aufgrund erhöhter Kosten bei Personal, Energie sowie Miete und Pacht der Gewinn von 3,31 Prozent auf Minus 0,36 Prozent verringern.“

Onlinehandel weiterhin beliebt

Die Beliebtheit des Onlinehandels befindet sich auf hohem Niveau, jedoch muss sich dieser Vertriebszweig auch künftig mehr um seine Kunden bemühen. Über 55 Prozent der jährlichen Ausgaben beim Online-Shoppen wurde bei ausländischen Unternehmen getätigt. Weite Teile des stationären Handels fuhren im Jahresverlauf deutliche Umsatzverluste ein. Eine vorübergehende Umsatzerholung gab es in den Sommermonaten, das Weihnachtsgeschäft 2022 toppte jenes von 2021. „Das Christkind hat fleißig geshoppt, durchschnittlich wurden 330 Euro pro Käufer ausgegeben. Groß war der Run auf Gutscheinen, dieser Effekt wirkt stärker in den Jänner und Feber hinein als in den Jahren zuvor“, freut sich Haberl.

Erwartungen und Ausblick 2023

Die erwartete Entwicklung des Geschäftsjahres bis März 2023 im Detail: 58 Prozent des gesamten Einzelhandels meint, dass es keine Veränderung geben wird, 38 Prozent befürchten eine Verschlechterung, nur 4 Prozent von ihnen sind positiv gestimmt. Gesplittet nach Branchen variieren diese Erwartungen stark. Im Bekleidungshandel sind 20 Prozent positiv gestimmt, 34 Prozent glauben an eine Verschlechterung und für 46 Prozent  wird die Situation gleichbleiben. Im Sportartikelhandel sieht es ähnlich aus: 28 Prozent (Verbesserung), 49 Prozent (keine Änderung) und 23 Prozent (Verschlechterung). Im Bau- und Heimwerkerbedarf hingegen befürchten 59 Prozent einen Abwärtstrend, 41 Prozent sind der Meinung, dass es keine Änderungen geben wird.

Kosten bleiben auf hohem Niveau

Eines ist klar: 2023 wird ein entscheidendes Jahr. Auch wenn die Rohstoff- und Energiepreise leicht zurückgehen sollen, die Kosten bleiben auf hohem Niveau. Ebenso die Inflation. „Preissteigerungen können nur schwer an die Konsumenten und Konsumentinnen weitergegeben werden. Auch die enormen Kostensteigerungen im Bereich Personal-, Energie- und Mietaufwand werden auf das Betriebsergebnis drücken. Und nicht zuletzt bleiben Arbeitskräftemangel und Unsicherheit große Sorgenkinder“, so Haberl abschließend, der auch vehement den Ausbau der Nahversorgerförderung und die Belebung der Innenstädte fordert. „Es ist wichtig, dass wir vor allem für die Innenstadt Rahmenbedingungen wie etwa ausreichend und auch leistbare Parkmöglichkeiten schaffen.“

17.01.2023 13:00
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Handel in Kärnten: Wie geht es weiter? Wolfgang Ziniel, KMU Forschung Austria, Raimund Haberl, Obmann der Sparte Handel der Wirtschaftkammer Kärnten und Nikolaus Gstättner, Geschäftsführer der Sparte Handel (von links)

© WKK/Dietmar Wajand